Meine chaotische Schreibwelt
- Stefanie Henkel
- 11. Dez. 2024
- 6 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 20. Feb.
Vielleicht ist einigen bekannt, dass jedes Jahr im November der sogenannte „NaNoWriMo“ stattfindet. Das steht für „National Novel Writing Month“.
Eigentlich ist NaNoWriMo eine gemeinnützige Organisation, die die jährliche Challenge stellt, 50.000 Wörter (also ein ganzes „novel“) in einem Monat zu schreiben und zur Unterstützung „Werkzeuge, Struktur, Community und Ermutigung“ bietet (NaNoWriMo, 2024).
In dem Zuge posten Schreibwütige auf der ganzen Welt im November täglich ihre geschafften Word Counts.

Ich habe mich noch nie dafür interessiert oder aktiv daran teilgenommen. Vor allem, weil ich mich nicht unter Druck setzen wollte. Ich kämpfe sowieso schon viel mit Perfektionismus und das Vergleichen, wer wie viele Wörter am Tag geschafft hat, würde mir nicht guttun.
ABER
Als ich das erste Mal anfing, das Schreiben richtig ernstzunehmen, gewöhnte ich mir eine Sache an: Ich protokollierte meinen Fortschritt. Das sah anfangs ganz unspektakulär aus:
Am 10.08.19 schrieb ich 804 Wörter von 22:57 bis 23:34
Am 11.08.19 schrieb ich 761 Wörter von 21.48 bis 22:20
Am 24.08.19 schrieb ich 1300 Wörter von 21:14 bis 22:33
Am 25.08.19 schrieb ich 1053 Wörter von 20:18 bis 21:15
Am 01.09.19 schrieb ich 747 Wörter von 20:33 bis 21:10
Am 28.09.19 schrieb ich 183 Wörter von 20:56 bis 21:12
Ich wollte lediglich wissen, wie viel ich durchschnittlich so schaffte und mich gleichzeitig mal loben, wenn ich über diesen persönlichen Durchschnitt kam. So handhabte ich es für fast 4 Jahre.
Witzigerweise, fast genau zu dem Zeitpunkt, als ich „Wasser“ erstmals an meine Testleser*innen herausgab, hörte ich damit auf. (Das war im Sommer 2023, übrigens.)
Dabei schrieb ich mehr denn je – nicht nur in Überarbeitungen, sondern nutzte ich die Freude, meinen ersten Band nach so vielen Jahren endlich mit anderen Augenpaaren geteilt zu haben, um gleich Band 2 anzufangen.
Ich schaffte es, sage und schreibe 813 Seiten in sechs Monaten zu schreiben. Mein Protokoll sah dabei nur noch so aus:
Am 14.06.2023 beendete ich das erste Kapitel.
(…)
Heute ist der 16.10. und ich habe eben Kapitel 42 beendet.
Heute ist der 07.11. und ich bin bei Kapitel 59.
Zwischen den letzten beiden war kein Eintrag. Ich weiß nicht, warum ich damit aufgehört habe, aber ich habe entschieden, dass jetzt – kurz vor Beendigung der finalen Überarbeitung von Band 1 – eine gute Zeit wäre, wieder damit anzufangen. Und für den maximalen Spaß, nehme ich euch mit. Das wird also meine MyNoEdWe „My Novel Editing Week“.
Montag, der 25. November 2024 – 820 Wörter
Da ich montags frei habe und ein vollgepacktes Wochenende hinter mir hatte, habe ich mir einen ruhigen Vormittag gemacht und erst um 12 Uhr begonnen. Zurzeit arbeite ich an Kapitel 40, was sich schon seit längerem etwas zieht, da ich einen Handlungsstrang noch einmal umschreiben muss. Ich hatte mir aber vorgenommen, bis Dezember fertig zu werden, also heißt es jetzt reinklotzen. (Spoiler: Das war ein bisschen utopisch.)
Von 12 bis ca. 13:30 Uhr habe ich 262 Wörter (um)geschrieben. Dann musste ich essen und danach zurück in meine Wohnung fahren, denn ich war zu Besuch bei meinen Eltern.
Nun habe ich tatsächlich die Eigenart, im Zug besonders produktiv zu sein. 50 Minuten Fahrt und ich habe 380 Wörter geschafft.
Als ich um 17:30 Uhr dann zuhause ankam, habe ich mich direkt an diesen Blog gesetzt. Jetzt ist es kurz nach 18 Uhr und ich widme mich noch einer weiteren Sitzung.
Kurzer Einschub: Ich musste ein Kapitel dazu packen, weil es zu lang wurde. F*ck. Alles neu ordnen ☹
Bis 19:30 Uhr habe ich gearbeitet, dann habe ich gemerkt, meine Konzentration schwindet.
An diesem Tag habe ich insgesamt 820 Wörter geschrieben, plus ein Kapitel nach Lektoratsanweisung überarbeitet.
Dienstag, 26. November 2024 – 583 Wörter
Dienstags habe ich ab 12:30 Uhr immer Uni. Davor muss ich ein paar Haushaltssachen erledigen und hatte dementsprechend nur Zeit für eine kurze Schreib-Session von 11-11:30 Uhr. In der Zeit habe ich 325 Wörter geschafft.
Erst um kurz vor 19 Uhr fand ich dann nochmal Zeit, mich dranzusetzen. Leider haben mich meine Freunde ab 19:30 Uhr abgelenkt. Gegen 22:30 Uhr habe ich noch ein paar Worte hinzugefügt, damit zumindest die PoV vollständig ist.
Insgesamt schrieb ich heute 583 Wörter.
Bisher bin ich nicht zufrieden, wenn ich mir meinen Word Count anschaue, aber ab morgen habe ich etwas mehr Zeit.
Mittwoch, 27. November 2024 – 346 Wörter
Langsam dämmert mir wieder, warum ich aufgab, so akribisch zu protokollieren.
Da ich viel hin und her pendle mit dem ÖPNV, habe ich mir angewöhnt, einfach immer zu schreiben. Nur 5 Minuten Fahrt? Kein Problem, ich schreibe eben die paar Dialogfetzen auf, die mir durch den Kopf fliegen.
Gerade eben musste ich Zeit im Wartezimmer totschlagen. 346 Wörter, aber habe ich auf die Zeit geachtet? Nein.
Außerdem schreibe ich neben Band 1 parallel auch an Band 3. Manchmal mehr, manchmal weniger, aber dieser Word Count sollte natürlich nicht unterschätzt werden. Früher hätte ich beides aufgeschrieben, heute zähle ich in Szenen. Solange eine Szene – oder besser noch – ein ganzes Kapitel fertig wird, bin ich zufrieden. Egal, wie viele Worte ich damit schrieb.
Den Rest des Tages habe ich nichts geschafft.
Donnerstag, 28. November 2024 – 2163 Wörter
Ich habe diesen Morgen anders gestartet. Anstatt mich wie immer fast direkt nach dem Aufstehen mit meinem Frühstück vor den PC zu setzen, habe ich erst einmal eine Stunde damit verbracht, wieder durch meine Lieblingsbücher der letzten Jahre zu lesen. Mich daran zu erinnern, was mir an ihnen so gefallen hat und daraus Momentum zu schöpfen, ob vielleicht mal jemand genauso über meine Bücher denken könnte.
Das hat zumindest soweit gezogen, dass ich daraufhin gut 553 Wörter in die Tasten gehauen hab.
Ich kämpfe mit der Szene, denn es ist eine Kampfszene. (Welch Wortgewandtheit!)
Manchmal liebe ich sie, bzw. ich liebe die Ideen davon. Es ist ungefähr so beim Plotten: „Oh mein Gott und dann begegnen die zwei sich und kämpfen und dazwischen diskutieren sie das und das!“ Und dieses „das und das“ schreibt sich dabei wie von selbst, aber das klassische „Schlag auf Schlag“ braucht leider lange Berechnung.
Dabei gibt es ja auch so viel zu beachten: Wie kann ich mein Magiesystem jetzt spannend einbringen? Wie reagieren die Charaktere auf Schmerz? Was kann ich ihnen zumuten, was in den folgenden Plotpoints nicht zur Einschränkung wird – oder vielleicht doch und die folgenden Plotpoints damit noch in Spannung unterstützt? Und so weiter ...
Aber, ich habe mir ein Herz gefasst und diese Szene irgendwo aus einer Kammer der Motivation ausgegraben und sie mit 2163 Wörter insgesamt heute beendet!
Jetzt fehlt nur noch ein Wrap-Up und die restlichen 5 Kapitel müssen dementsprechend überarbeitet werden.
Einziger Nachteil: Ich bin wieder bei über 150.000 Wörtern. Vielleicht kriege ich im Editing noch welche gestrichen. Mal schauen.
Freitag, 29. November 2024 – 1593 Wörter
Die kritischen Kapitel sind fertig! Mein Plot ist gerettet! Und—
WARUM SAGT MIR DENN NIEMAND, DASS ES SCHON FAST DREI IST?!?!
Ja, ich habe mich gestern und heute womöglich in eine Schreibparalyse befördert. Heißt, ich habe heute bereits mehr als 3 Stunden mit Schreiben verbracht. Immerhin habe ich mich heute zum Joggen gezwungen. Ich gehe nie joggen. Aber die Sonne sah so schön aus und ich wollte mich irgendwie bewegen. Da ich aber keine Kondition und noch weniger Durchhaltevermögen beim Joggen habe, hat mich das nur eine halbe Stunde gekostet.
Ich habe noch nichts zu Mittag gegessen. Aber hey, Hauptsache, ich habe noch 1593 Wörter geschrieben.
Fazit
Man sagt, man solle sich nicht mit anderen vergleichen, nur mit sich selbst.
Wenn ich jetzt nur auf die Zahlen schaue und darauf, was ich früher in so kurzer Zeit alles geschrieben habe, würde ich am liebsten weinen.
Aber zum Glück weiß ich auch, dass Quantität nicht alles ist. Diese 6675 Wörter, die jetzt meine gesamte Klimax bilden, sind vielleicht die besten, die ich je geschrieben habe. Außerdem hatte ich 2019 noch nicht mit Gaming gestartet, was mir schon mal so viel mehr Zeit verschafft hat :D Und 2020 … na ja, wir wissen alle, was da los war. Da hatte ich mächtig Zeit und nichts anderes zu tun.
Mittlerweile habe ich einen Job, stehe kurz vorm Bachelor und muss bald umziehen. Dafür war diese Woche mehr als erfolgreich. Plus – meine Motivation für das Buch ist wieder gestiegen. Ich habe jetzt etwas, mit dem ich wirklich zufrieden bin und ich kann das Ende schon sehen!
Also – ich bin glücklich.
Hier noch mein aktuellstes und schönstes Protokoll zum Abschluss:
Am 09.12.2024 habe ich die finale Überarbeitung von „Wasser – Die letzten Urelmare“ abgeschlossen.
Jetzt warte ich auf das Lektorat. Ganz fertig ist es also noch nicht, aber es ist so gut, wie ich es alleine hinkriege.
Die Arbeit hat sich gelohnt.
Vielen Dank euch allen!
Quelle:
National Novel Writing Month (Hrsg). (2024). So, what is NaNoWriMo?. o. A. 11.12.2024. Verfügbar unter: https://nanowrimo.org/ NaNoWriMo
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